Zum ersten Mal veranstalten in diesem Jahr Stiftung Lesen, Börsenverein des Deutschen Buchhandels und einige Buchverlage anlässlich des Welttags deutschlandweit die „Aktion Lesefreunde“, deren Ziel es ist, die Lust am Lesen gleich millionenfach weiterzugeben: 33.333 Menschen im ganzen Land durften sich einen Titel aus 25 verschiedenen Büchern aussuchen. Jeder von ihnen bekam vergangene Woche 30 Exemplare seines Wunschbuchs, die er an andere verschenken darf. Als Abholstellen für die insgesamt eine Million Bücher stellten sich Buchhandlungen und Bibliotheken zur Verfügung.
Auch ich war Teil der Aktion Lesefreunde. In der Bad Rappenauer Buchhandlung Passepartout holte ich am 16. April mein Buchpaket ab, einen Karton mit 30 druckfrischen Exemplaren des Buchs „Schweigeminute“ von Siegfried Lenz, einem meiner Lieblingsautoren. Auf dem Foto rechts ist festgehalten, wie ich den Buchtitel pantomimisch darstellte - ich verharrte exakt 60 Sekunden lang in dieser Pose.
Auf welchem Weg und an wen ich die Bücher verschenken würde, war einzig meine Sache, so lautete der Deal mit der „Aktion Lesefreunde“.
Klar: Ein paar schenkte ich Freunden und Verwandten. Aber ich wollte auch anderen Menschen eine Freude machen. Also dachte ich erst einmal nach…
Vielleicht könnte ich ja jemanden bedenken, der eine Schweigeminute zu absolvieren hatte? Doch wer schweigt heute schon, wenn es nicht unbedingt sein muss? Doch schon war sie da, die Idee: Als Journalistin berichte ich häufig auch aus Gemeinderäten. In Siegelsbach konnten sich darum die Zuhörer der jüngsten öffentlichen Sitzung über die „Schweigeminute“ freuen. Der Titel passte perfekt, schließlich waren die Anwesenden Siegelsbacher gezwungen, nach der Bürgerfragestunde ihren Volksvertretern nicht nur eine, sondern mehr als 100 Minuten schweigend zuzuhören.
In Ittlingen überreichte ich Angelika Schrempf, der Leiterin der VHS-Außenstelle, Lesestoff. Sie würde die Lektüre an Leiter und Teilnehmer von Kursen weitergeben, versprach sie.
„Lebenslanges Lernen ist wichtig“, meinte sie, „und Lesen gehört da ganz klar dazu.“
„Lebenslanges Lernen ist wichtig“, meinte sie, „und Lesen gehört da ganz klar dazu.“
Die IAV-Stelle in Bad Rappenau ist Anlaufstelle für Menschen aus Bad Rappenau, Kirchardt, Siegelsbach und Bad Wimpfen jedweder Glaubensrichtung und Nationalität, wenn es um Fragen in Sachen Pflege, Behinderung oder Alter geht. Brigitte Bischoff, der Leiterin der Einrichtung, übergab ich gern einige Exemplare der „Schweigeminute“.
„Ich gebe sie an Teilnehmer der Gesprächskreise für pflegende Angehörige Demenzkranker weiter“, sagte sie. Denn die Angehörigen kämen nur selten dazu, es sich mit einem Buch mal so richtig gemütlich zu machen oder sich überhaupt Gedanken darüber zu machen, zu welchem Titel sie greifen könnten. Die Gesprächskreise für Pflegende in Bad Rappenau und Kirchardt sollen den Angehörigen aus Krisen helfen. Sie können dort erzählen, miteinander reden und spüren, dass sie mit ihrer Situation nicht allein sind.
„Ich gebe sie an Teilnehmer der Gesprächskreise für pflegende Angehörige Demenzkranker weiter“, sagte sie. Denn die Angehörigen kämen nur selten dazu, es sich mit einem Buch mal so richtig gemütlich zu machen oder sich überhaupt Gedanken darüber zu machen, zu welchem Titel sie greifen könnten. Die Gesprächskreise für Pflegende in Bad Rappenau und Kirchardt sollen den Angehörigen aus Krisen helfen. Sie können dort erzählen, miteinander reden und spüren, dass sie mit ihrer Situation nicht allein sind.
Ein Hinweis auf fünf neue, ungelesene Bücher in der Rubrik „Zu verschenken“ im Mitteilungsblatt der Gemeinde Kirchardt, wo ich wohne, lockte gerade einmal eine Person, zum Telefonhörer zu greifen. Aber die nette Rathaus-Mitarbeiterin und gleichzeitig Nachbarin, bei der ich den Hinweis aufgab, wollte gern ein Exemplar ihr Eigen nennen.
Als „Teilzeit-Isländerin“ bedachte ich selbstverständlich auch Island und die Deutschen und deutsch sprechenden Isländer, die dort leben. Die Deutsche Bibliothek in Hafnarfjörður bekam darum ein Exemplar per Post zugestellt. Das Buch sei zwar bereits vorhanden in der Bibliothek, mailte Bibliotheksleiterin Brigitte Bjarnarson, aber man werde das Lesefreunde-Exemplar gern „als Preis für ein Quiz oder ähnliches einsetzen“.
Seit ein paar Jahren wohne ich nun schon im Kraichgau, dem „Land der tausend Hügel“ in Nord-Baden. Daraus müsste sich doch auch irgendetwas machen lassen, dachte ich bei mir. Also veranstaltete ich im sozialen Netzwerk Facebook ein kleines Gewinnspiel und versprach all denen die Möglichkeit, ein Exemplar der „Schweigeminute“ zu gewinnen, die mir verrieten, was ihnen am Kraichgau besonders gefiele.
Ein Teilnehmer aus Schwaigern schrieb, der Kraichgau habe ihn „gastfreundlich und vorbehaltlos angenommen, als ich vor einem Jahr durchs Leben und Baden-Württemberg mäanderte“.
Ein weiterer Beitrag näherte sich dem Kraichgau eher von der sprachwissenschaftlichen (und wohl nicht ganz ernst gemeinten) Seite: „Keine Landschaft hat einen schöneren Namen als der Kraichgau. Wohlklang der Vokale. Ein musikalisches Singen: Kraich-gau. Und trotzdem kurz und voll Charakter.“ Die Dame ist übrigens rechts im Bild zu sehen, kurz nachdem ich ihr das gewonnene Exemplar überreichte.
Eine Kirchardterin verreit, dass sie nirgendwo sonst leben wollte als im Kraichgau: „Die Landschaft ist so abwechslungsreich. Es gibt viele Wälder, Hügel, Weinberge und nette Städtchen zum Bummeln“, schrieb sie.
Und Lyriker Reiner Kranz zeichnete den Kraichgau sogar in eigenen Gedichten aus, die er als Wettbewerbsbeitrag einreichte: Eines handelt vom Steinsberg bei Sinsheim,
das zweite vom Eppinger Ottilienberg.
Mein Fazit nach 30 verschenkten Büchern in knapp einer Woche: Eine so große Zahl gleicher Bücher gezielt unters Volk zu bringen, das ist gar nicht so einfach. Da war schon ein wenig Kreativität, Fantasie und Spaß an der Sache gefordert.
Falls es die Aktion Lesefreunde im kommenden Jahr wieder gibt: Ich wäre auf jeden Fall gern dabei!